Dr. Gerhard Hirschmann (ÖVP)
Interview
 
KORSO: Vom Rechnungshofpräsidenten Fiedler wurde jüngst wiederum aus Einsparungsgründen eine Zusammenlegung der Bundesländer bzw. Landtage gefordert.
Hirschmann: Für mich als jemanden, der bereits vor einigen Jahren die Diskussion um eine Reform des österreichischen föderalen Systems mitinitiiert  hat, darf sich die Debatte nicht in der Forderung nach Abschaffung der Landtage erschöpfen. Vielmehr gehe es um eine Umgestaltung der Verwaltung in Richtung mehr Effizienz. 

KORSO: Wie sollte diese Umgestaltung aussehen?
Hirschmann: Vor einer breiten Diskussion darüber sind drei Aufgaben zu erfüllen: Zunächst muss die Kompetenzaufteilung der verschiedenen Ebenen – von der EU bis zu den Kommunen – geklärt werden; da gibt es viele Überschneidungen, obwohl inzwischen 80% der Gesetzgebung außerhalb der nationalen Grenzen erfolgen. Die zweite Aufgabe ist ein Totalscreening aller Verwaltungsabläufe von der EU über den Bund, die Länder und Bezirke bis hin zu den Gemeinden, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität. Drittens müssen auch die Überschneidungen der Kompetenzen bei den verschiedenen Förderebenen durchleuchtet werden. Nach einer genauen wissenschaftlichen Analyse kann dann die Rolle der Länder neu festgelegt werden.

KORSO: Welche Rolle könnte das sein?
Hirschmann: Der Trend ist klar: Was die Verwaltung betrifft, sollten die Länder durchaus aufgewertet werden und Bundesagenden übernehmen – wie etwa im Schulwesen oder bei den Bundessozialämtern. Was die Gesetzgebung betrifft wäre allerdings eine Vereinheitlichung sinnvoll – etwa in Form eines von mir schon lange geforderten „Generallandtages“.

KORSO: Wie sollte dieser aussehen?
Hirschmann: Er sollte sich aus den Landtagen bzw. Teilen derselben zusammensetzen und den abzuschaffenden Bundesrat ersetzen, denn das österreichische Zweikammernsystem sollte beibehalten werden. 

KORSO: Wodurch würde sich der Generallandtages vom Nationalrat unterscheiden?
Hirschmann: Die Abgeordneten müssten darauf verpflichtet werden, die Interessen der Länder zu vertreten.

KORSO: Würde eine Abschaffung der Landtage aber nicht bedeuten, dass lokale Interessen unter die Räder kämen? 
Hirschman: Nein, denn das bisherige gnadenlose Nebeneinander würde einer gemeinsamen Debatte der Länder weichen.

KORSO: Welche Schritte wollen Sie in Zukunft zur Umsetzung dieser Pläne setzen?
Hirschmann: Ich möchte in einem Gespräch mit Mitgliedern der Bundesregierung erreichen, dass wir eine Expertenrunde aus Mitgliedern des Wirschaftsforschungsinstituts, des IHS und ähnlicher brain-trusts zu diesem Thema einsetzen, um endlich vergleichbare und nachvollziehbare Fakten auf den Tisch zu bekommen. Um die Diskussion zu beschleunigen, denke ich zudem an die Bildung einer außerparlamentarischen Plattform, die in dieser Angelegenheit Druck auf das Parlament ausüben könnte.