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Soziales Europa bleibt auf der Strecke
Archiv - KORSO Sozial FORUM - Schwerpunkt: Sozialstaat
Donnerstag, 1. Juni 2006
ImageDer bekannte deutsche Politologe Elmar Altvater kritisiert in einem jüngst erschienenen Beitrag in der deutschen Tageszeitung „taz" die Tatsache, dass das EU-Sozialmodell, das ein Markenzeichen der Union hätte werden sollen, gegenüber den wirtschaftlichen Liberalisierungsbestrebungen auf der Strecke zu bleiben droht. Europa befindet sich in der Krise, das ist spätestens seit dem französischen „Non" zu Verfassung klar.

Die unbefriedigende wirtschaftliche und soziale Lage in der EU sollte dennoch genauer unter die Lupe genommen werden, findet Altvater. „Das Modell der „negativen Integration" durch Deregulierung der nationalstaatlichen Regeln und Entfesselung des „Standortwettbewerbs" ist nur so lange attraktiv, wie der wachsende Wohlstand durch Freihandel kein leeres Versprechen bleibt. Doch was ist bislang herausgekommen? Ein weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit und die Zunahme prekärer Beschäftigung", zieht der Politologe Bilanz. „Unter den abhängig Beschäftigten sind in der EU 16 Prozent scheinselbstständig, 18 Prozent arbeiten in Teilzeitjobs, 14 Prozent haben nur befristete Arbeitsverträge. Angesichts dieser Zahlen ist der verbreitete Ruf nach noch mehr „Flexibilität" des Arbeitsmarktes vor allem Provokation und hauptsächlich zur Verunsicherung gedacht."

Flexicurity. Kommission, nationale Regierungen oder die Europäische Zentralbank folgen dem Gleichklang neoliberaler Deregulierung, Liberalisierung, Flexibilisierung und Privatisierung. Doch könne man nicht die Dienstleistungsmärkte liberalisieren und den billigsten Anbietern Konkurrenzvorteile europaweit verschaffen, ohne Gegenbewegungen auszulösen. Der Widerstand gegen die Dienstleistungsrichtlinie hat es gezeigt, so Altvater weiter, Sozial- und Umweltstandards sind notwendig, gerade wenn die Wettbewerbsfähigkeit der EU wie in Lissabon 2000 beschlossen auf die Weltspitze getrieben werden soll.

Alternativen. Auf dem „alternativen Ecofin" von Gewerkschaften und globalisierungskritischen Organisationen, der in Wien tagte wurden Maßnahmen zur existenzsichernden Vollbeschäftigung, zur sozialen Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit und zur Gestaltung der globalen Wirtschaftsbeziehungen entwickelt. Altvater: „Das klingt wohlgemeint und weltfremd. Doch ist es nicht eher weltfremd zu glauben, den sozialen Zusammenhalt unterminieren und gleichzeitig wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit stärken zu können?"

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